Gesellschaftsende durch Tiersterben
Pferdegesellschaft bürgerlichen Rechts
In einem kürzlichen Verfahren musste sich das OLG Oldenburg mit einer unüblichen Pferdegesellschaft befassen. Dabei hatte das Gericht nicht nur den tatsächlichen Zeitpunkt der Auflösung der Gesellschaft zu bestimmen, sondern auch die daran anknüpfenden Rechtsfolgen herzuleiten.
Verfolgen mindestens zwei Personen einen gemeinsamen Zweck und wollen sie sich deshalb zusammenschließen, können die Parteien durch einen Gesellschaftsvertrag eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gründen. Die Gesellschaftsform der GbR bietet für Gründer zahlreiche Vorteile. Unter anderem bedarf es zu ihrer Gründung keines Mindestkapitals, und sie erfährt als Personengesellschaft steuerliche Begünstigungen. Der Zweck, zu dem die GbR gegründet wird, kann grundsätzlich jeglicher sein, der nicht verboten ist. Dass die Anforderungen an die Gründung einer solchen GbR gering sind, daran jedoch zahlreiche Rechtsfolgen anknüpfen, zeigt ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg (OLG Oldenburg, Urteil vom 15.01.2025 – 5 U 55/22).
Bestmögliche Förderung eines Hengstfohlens
Ein Gestüt und die Eigentümerin eines Hengstfohlens schlossen im Jahr 2020 einen Vertrag. Dieser sah vor, dass beide Parteien gemeinsam zur bestmöglichen Förderung des Hengstfohlens beitragen, um dieses später gewinnbringend als Deckhengst und im Dressursport einsetzen zu können. Die vertragliche Leistung der Eigentümerin bestand in der Zurverfügungstellung des Fohlens. Das Gestüt sollte im Gegenzug die laufenden Kosten des Hengstes tragen und stellte der Pferdeeigentümerin einen Radlader mit Zubehör zur Verfügung.
Nachdem das Fohlen im Oktober 2020 auf das Gestüt gebracht worden war, teilte der Betriebsleiter der Eigentümerin im März 2021 mit, dass das Tier unter einer Bewegungsstörung leide. Der zuständige Tierarzt schätze die Lage als aussichtslos ein und empfahl die Einschläferung des Tieres. Die Eigentümerin holte das Pferd daraufhin vom Gestüt ab und ließ es von mehreren Tierärzten behandeln. Nichtsdestotrotz verstarb es im April 2021 nach einer Operation.
Nach dem Tod des Pferdes verlangte das Gestüt die Herausgabe des Radlagers. Dies verweigerte die Eigentümerin jedoch unter Hinweis auf die angefallenen Tierarztkosten in Höhe von 7.000 € sowie auf einen Schadensersatzanspruch gegen das Gestüt wegen fehlerhafter Pferdehaltung.
Herausgabe oder Geld?
Mit der Frage, wer nun wem was schuldet und welche Rechtsnormen einschlägig sind, mussten sich gleich zwei Instanzen befassen.
Das Gericht der ersten Instanz gewährte dem Gestüt den Herausgabeanspruch. Der Vertrag zwischen den Parteien sei mit Abholung des Tieres durch die Eigentümerin beendet worden. Daher habe diese keinen Anspruch auf die Tierarztkosten. Da ein Fehlverhalten des Gestüts nicht nachgewiesen werden konnte, überzeuge auch der Einwand eines Schadensersatzanspruchs nicht.
Nach Auffassung der Richter des OLG hat das Landgericht (LG) in seiner Entscheidung jedoch einen wesentlichen Punkt des Falles unbeachtet gelassen. Das Gestüt und die Eigentümerin haben mit dem Vertrag aus dem Jahr 2020 eine GbR gegründet. Diese wurde erst mit dem Tod des Hengstes beendet. Nach der Beendigung einer GbR können einzelne Ansprüche nicht mehr isoliert eingeklagt werden. Stattdessen müssen alle wechselseitigen Ansprüche miteinander saldiert werden, sodass nur das abschließende Saldo verlangt werden kann.
Insoweit mag es zutreffen, dass dem Gestüt ein Herausgabeanspruch gegen die Eigentümerin zusteht. Allerdings hat diese dadurch, dass der Vertrag erst später beendet worden ist, auch Anspruch auf die Hälfte der Tierarztkosten. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch stand ihr, wie auch das LG zutreffend feststellte, nicht zu. Ein Sachverständigengutachten ergab, dass die Krankheit des Pferdes nicht auf die Haltung zurückzuführen ist.
Konfliktgehalt bei unzureichendem Vertrag
Um Konflikte während und nach dem Bestehen einer GbR zu vermeiden und die Interessen aller Beteiligten zu wahren, empfiehlt sich der Abschluss eines ausführlichen Gesellschaftsvertrags. Insbesondere sollten darin Regelungen für den Fall des Wegfalls des Gesellschaftszwecks oder eines Gesellschafters getroffen werden. Sieht der Gesellschaftsvertrag nämlich keine Vererbung der GbR-Anteile vor, führt nicht nur der Tod eines Tieres, sondern auch der Tod eines Gesellschafters zur Auflösung der Gesellschaft. Dies wird oft nicht erwünscht sein.