Keine Verbrauchsstiftung ohne entsprechenden Stifterwillen

Entscheidung des VG Gelsenkirchen im Stiftungsrecht

Veröffentlicht am: 05.08.2018
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Entscheidung des VG Gelsenkirchen im Stiftungsrecht

Stiftungen werden immer beliebter. Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase können viele Stiftungen mit den Erträgen aus dem Stiftungsvermögen ihren Stiftungszweck jedoch nur noch unzureichend verfolgen. Die Lösung kann dann eine sogenannte Verbrauchsstiftung sein, bei der auch das Kapital der Stiftung zur Erfüllung des Zwecks nach und nach verbraucht werden kann.

Gründung einer Behinderten-Stiftung mit dem Nachlassvermögen

Auf diese Idee kam auch ein Testamentsvollstrecker, der den Nachlass eines Stifters verwaltete. Testamentarisch hatte dieser bestimmt, dass nach seinem Tod und dem seiner behinderten Tochter eine gemeinnützige Stiftung zugunsten des örtlichen Behindertenclubs errichtet werden solle. Weil der Nachlass aber nur 180.000 Euro schwer war und der Testamentsvollstrecker aufgrund der bescheidenen Möglichkeiten an den Finanzmärkten keine Chance auf Erfüllung des Stiftungszwecks nur mit den Kapitalerträgen sah, kam ihm der Einfall mit der Verbrauchsstiftung.

Strenge Auslegung des Stifterwillens

Eine solche Verbrauchsstiftung wollte die Stiftungsbehörde jedoch nicht anerkennen. Die Angelegenheit landete beim VG Gelsenkirchen, dass der Behörde Recht gab. Der Wille des Stifters sei eindeutig nur auf eine Ewigkeitsstiftung angelegt. Eine ergänzende Auslegung hinsichtlich einer Verbrauchsstiftung scheide aus. Die Stiftungsform, so die Richter, stünde nicht zur Disposition der Erben oder des Testamentsvollstreckers. Für die Betroffenen sicher ein unbefriedigender Ausgang des Gerichtsverfahrens.

Stifter sollten die Möglichkeiten des Stiftungsrechts kennen

Ob diese Entscheidung im Stiftungsrecht dem mutmaßlichen Willen des großzügigen Stifters entspricht ist fraglich, kann aber wohl dahinstehen. Der Fall zeigt jedenfalls anschaulich den Beratungsbedarf. Wären dem Stifter die rechtlichen Zwänge und wirtschaftlichen Möglichkeiten vor Augen geführt worden, hätte er sich womöglich gegen die im Testament festgelegte Form der Stiftung entschieden. Insbesondere hätte er sich wohl auch mit der Option der Verbrauchsstiftung auseinandergesetzt und sich womöglich für diese entschieden.

Außerdem hätte man den Stifter hinsichtlich der Möglichkeit einer sogenannten Treuhandstiftung beraten können. Diese unselbständige Stiftung bedarf nämlich nicht der Anerkennung durch die Stiftungsbehörde und ermöglicht in vielen Fällen einen effektiveren Einsatz der Stiftungsmittel zur Erreichung des Stiftungszwecks – gerade bei der aktuellen Marktlage eine interessante Alternative.