Testament eines Philantropen

Warren Buffet nutzt seine Testierfreiheit

Das amerikanische Erbrecht hält die Fahne der (Testier-)Freiheit hoch. Warren Buffet nutzt das für die Planung seines Nachlasses.

Veröffentlicht am: 27.11.2023
Qualifikation: Rechtsanwalt & Mediator
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Die meisten Menschen reden nicht gerne darüber, was nach ihrem Tod mit ihrem Nachlass geschieht. Für Warren Buffet ist das kein Problem. Er will "maximale Transparenz" und gibt öffentlich bekannt, wie das Erbe verteilt wird. Nach deutschem Erbrecht wären seine Pläne nur bedingt umsetzbar.

Enterbung ohne Pflichtteilssorgen

Warren Buffet ist verwitwet, sodass sein drei Kinder seine gesetzlichen Erben sind. In diese Erbfolge will der Milliardär jedoch durch ein Testament radikal eingreifen. 99 Prozent seines Vermögens soll nämlich in die Philantropie fließen, also gemeinnützigen Zwecken zugutekommen. Eine solche erbrechtliche Regelung würde in Deutschland zu Pflichtteilsansprüchen der Kinder führen. Der Pflichtteil der Kinder beträgt nach hiesigem Erbrecht die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, bei drei Abkömmlingen also jeweils 1/6. Bei der Geltendmachung des Pflichtteils würde man sich in Deutschland auch ansehen, welche Schenkungen der Erblasser zu Lebzeiten durchgeführt hat, weil solche Vermögensverschiebungen zu Pflichtteilsergänzungsansprüchen führen würden. Hierzu fallen einem sofort die milliardenschweren Schenkungen von Buffet an die Gates-Stiftung ein. Da diese aber bereits länger als 10 Jahr zurückliegen, würden sie auch nach deutschem Recht keine Pflichtteilsergänzungsansprüche für die Kinder mehr begründen.

Kinder als Testamentsvollstrecker und Trust-Treuhänder

Statt der Rolle als Erben hat Warren Buffet für seine Kinder die des Treuhänders für den Trust vorgesehen, der den Nachlass nach seinem Ableben verwalten soll. In Deutschland wäre das ein gemeinnützige Stiftung, möglicherweise errichtet als Stiftung von Todes wegen durch einen Testamentsvollstrecker. Auch das Amt des Testamentsvollstreckers sollen die Kinder ausüben. Die drei sollen allerdings bei der Verwaltung des testamentarischen Trusts einstimmig handeln. Auch in Deutschland könnte der Erblasser bestimmen, wie Entscheidungen auf der Ebene der Testamentsvollstreckung oder in einem Stiftungsvorstand zustande kommen sollen. Ob die geforderte Einstimmigkeit bei drei Verantwortlichen klug ist, darf man in Frage stellen, hängt aber natürlich stark von den Personen und zu bewältigenden Aufgaben ab.

Wie gerecht ist Erben?

Die Nachlassplanung von Warren Buffet zeigt klar seine Haltung, dass er von der Institution "Erben" eigentlich nicht viel hält. Aus diesem Grund setzt er sich auch für hohe Erbschaftsteuern ein. Ähnliche Tendenzen gibt es in Deutschland auch - mal mehr, mal weniger radikal. Allerdings scheint die Möglichkeit, Vermögen an Kinder weiterzugeben, nach wie vor ein wesentlicher Antrieb für den Aufbau von Vermögen zu sein. Das wiederum führt zu sehr ungleichen wirtschaftlichen Voraussetzungen in der Erben-Generation. Erträglich dürfte das für die meisten nur sein, wenn bei der Vermögensnachfolge zumindest ein paar Euro über die Erbschaftsteuer allen zugutekommen. Man darf also die Prognose wagen, dass unser bisheriges System mit Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuer im Wesentlichen weiter bestehen bleibt und allenfalls immer mal wieder ein paar Stellschrauben neu justiert werden.