Versammlungsleiter bei der GmbH-Gesellschafterversammlung

Wer bekommt den Redeball?

Zwar sieht das GmbH-Gesetz selbst keinen Versammlungsleiter für GmbH-Gesellschafterversammlungen vor, dennoch kann es ratsam sein vor Beginn einer Gesellschaftersammlung eine Person zu bestimmen, die für einen geregelten Ablauf sorgt. Vor dem Hintergrund eines Gesellschafterstreits kann die Rolle des Versammlungsleiters bei streitigen Abstimmungen über Beschlussfassungen entscheidende rechtliche Vorteile verschaffen.

Veröffentlicht am: 18.01.2017
Qualifikation: Rechtsanwältin in Hamburg
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Friede, Freude, Eierkuchen in der GmbH?

Nach dem gesetzlichen Leitbild handelt es sich bei einer GmbH um eine kleine Kapitalgesellschaft, die im Gegensatz zur großen anonymen AG von einer personalisierten Struktur geprägt ist.

Auf diese Vorstellung, dass in dem intimen Kreis von Gesellschaftern einer GmbH alle an einem Strang ziehen, sodass kaum Unstimmigkeiten zu erwarten sind, ist es wohl zurückzuführen, dass das GmbH-Recht keinerlei Vorschriften über die Leitung einer Gesellschafterversammlung enthält.

Anders verhält es sich im Aktienrecht, wo ausdrücklich ein Versammlungsleiter vorgesehen ist und dessen Wahl, seine Aufgaben, Rechte und Verpflichtungen gesetzlich festgelegt sind.

GmbH-Gesellschaftsvertrag kann Versammlungsleiter vorsehen

Da sich die gesellschaftsvertragliche Praxis mitunter deutlich von dem gesetzlichen Leitbild der GmbH unterscheidet, wird in der Praxis im Gesellschaftsvertrag häufig auch für GmbH-Gesellschafterversammlungen ein Versammlungsleiter vorgesehen. Mangels gesetzlicher Vorschriften bedarf es dann jedoch noch der Konkretisierung seiner Rechte und Pflichten in der Gesellschafterversammlung.

Hier ist es ratsam eine solche Konkretisierung bereits in den Gesellschaftervertrag aufzunehmen um für klare Verhältnisse zu sorgen. Enthält der Gesellschaftsvertrag einer GmbH jedoch keine Bestimmungen zum Versammlungsleiter, kann auf einige von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsgrundsätze zurückgegriffen werden.

Die Wahl des Versammlungsleiters

Ein Versammlungsleiter wird durch Gesellschafterbeschluss bestimmt, wenn im Gesellschaftsvertrag nichts Anderes vorgesehen ist. Einen solchen Beschluss fassen die Gesellschafter auf einer Gesellschafterversammlung. Dem aufmerksamen Leser wird an dieser Stelle auffallen, dass ein Paradoxon zu Tage tritt. In Anlehnung an die Frage nach dem Huhn und dem Ei muss man sich die Frage stellen: was war zuerst da, die Versammlung oder der Versammlungsleiter?

Eine befriedigende Lösung für dieses Problem bietet weder Literatur noch Rechtsprechung. So bleibt bislang den GmbH-Gesellschaftern nur sich zumindest für die Wahl des Versammlungsleiters eigenverantwortlich zu organisieren. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich um eine einfache Beschlussfassung über den simplen Punkt „Wahl des Versammlungsleiters“ handelt, wird man dies als eine lösbare Aufgabe ansehen können.

In streitigen Gesellschafterversammlungen kommt dem Versammlungsleiter allerdings eine besondere Bedeutung zu. In diesem Fall sollte keinesfalls einem „im feindlichen Lager“ stehenden Versammlungsleiter zugestimmt werden. Keinen Versammlungsleiter zu haben, kann dann unter „taktischen“ Gesichtspunkten die bessere Alternative sein, sofern man keinen „eigenen“ Versammlungsleiter durchsetzen kann.

Es wird bei Fehlen von Regelungen im Gesellschaftsvertrag im Kreise der Gesellschafter abgestimmt, wer das Amt des Versammlungsleiters zukünftig bekleiden soll. Dabei kann diese Berufung sowohl für jede oder nur für einzelne Gesellschafterversammlungen gelten, wobei üblicherweise durch Beschluss nur ein Versammlungsleiter für die aktuelle Gesellschafterversammlung bestimmt wird. Alles andere kann im Hinblick auf die erwähnte wichtige Rolle in streitigen Gesellschafterversammlungen gefährlich sein, wenn sich ein Gesellschafter dann durch zukünftige Entwicklungen auf einmal einem „feindlich“ gesinnten Versammlungsleiter gegenübersieht.

Bei der erforderlichen Mehrheit besteht zwar weitgehend Einigkeit, dass eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen als ausreichend betrachtet werden soll. Allerdings beharrt eine Mindermeinung in der Rechtsprechung auf dem Erfordernis eines einstimmig gefassten Beschlusses um etwaige Minderheitsgesellschafter zu schützen. Ein solcher Schutz ist nach herrschender Meinung mit Verweis auf die Möglichkeit einer Beschlussanfechtungsklage nicht notwendig, wobei dadurch dem betroffenen Minderheitsgesellschafter die Last klagen zu müssen aufgebürdet wird. Letztlich wird dies in friedlichen Gesellschafterversammlungen kaum ein Problem sein, da sich die Gesellschafter regelmäßig auf einen Versammlungsleiter einigen werden. In streitigen Gesellschafterversammlungen ergibt sich dagegen eine weitere rechtliche Unsicherheit im Hinblick auf die dort gefassten Beschlüsse.

Die Person des Versammlungsleiters

Besondere Erfordernisse sind an die Person des Versammlungsleiters regelmäßig nicht gestellt. Insbesondere muss es sich nicht um einen Gesellschafter der GmbH handeln. So können auch die GmbH-Geschäftsführer das Amt des Versammlungsleiters übernehmen. Da die Gesellschafter bei einzelnen Beschlüssen jedoch ein Informations- und Auskunftsrecht gegenüber der Geschäftsführung haben, kann es ungünstig sein die Moderation der Versammlung dem Geschäftsführer zu übertragen, welcher diese Informationen und Auskünfte zu erteilen hat.

Nach der Wahl muss der Auserwählte über den gefassten Beschluss informiert werden, woraufhin es ihm frei steht das angetragene Amt anzunehmen oder abzulehnen. Schüchterne Gesellschafter brauchen also keine Angst haben eines Tages gegen ihren Willen zur Leitung der Gesellschafterversammlung verdonnert zu werden.

Was darf der Versammlungsleiter denn alles?

Die wohl spannendste Frage betrifft die Aufgaben und Rechte des Versammlungsleiters.

In der Bestimmung zum Versammlungsleiter ist eine stillschweigende Verleihung der Befugnisse zu sehen, die für die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Ablaufs und insbesondere der ordnungsgemäßen Beschlussfassung notwendig sind.

Hierzu zählen vor allem die Eröffnung und die Beendigung der Versammlung. Währenddessen hat er die Aufgabe die Tagesordnungspunkte abzuarbeiten und die Diskussion zu moderieren. Hierzu kann der Leiter den Gesellschaftern das Wort erteilen aber auch entziehen. Ein Ausschluss von der Versammlung kommt jedoch nur in Ausnahmefällen in Betracht.

Zudem überwacht der Versammlungsleiter das Abstimmungsverfahren, nimmt die Stimmen entgegen und kontrolliert die Teilnahmeberechtigungen der einzelnen Gesellschafter. Dabei ist der Clou: Wenn ein Versammlungsleiter mit Beschlussfeststellungkompetenz ausgestattet ist, dann kann er die wirksame Beschlussfassung feststellen, was den gefassten Beschluss vorläufig wirksam werden lässt, selbst wenn es Gründe für seine Anfechtbarkeit geben sollte. Dies ist wiederum bei streitigen Gesellschafterversammlungen oft von entscheidender Bedeutung. Oft besteht dann Streit unter den Gesellschaftern zum Beispiel über das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Abberufung eines Geschäftsführers. Ob ein wichtiger Grund vorliegt oder nicht, ist dabei eine reine Wertungsfrage über die sich in vielen Fällen trefflich streiten lässt. Ein Versammlungsleiter mit Beschlussfeststellungskompetenz ist hier in der Rolle eines Richters. Wenn er den wichtigen Grund bejaht, ist der Beschluss, jedenfalls vorläufig, wirksam in der Welt und der Geschäftsführer somit wirksam abberufen. Der unterlegene Gesellschafter muss diesen Beschluss dann nachträglich mit einer Anfechtungsklage gerichtlich angreifen. Ohne Versammlungsleiter mit Beschlussfeststellungskompetenz wäre der Beschluss dagegen nicht wirksam geworden. Der daran interessierte Gesellschafter hätte dann seinerseits gerichtlich mit einer sogenannten Beschlussfeststellungsklage tätig werden müssen, also genau umgekehrte Verhältnisse. Dies zeigt, welche erhebliche Bedeutung die Rolle eines Versammlungsleiters ausgestattet mit Beschlussfeststellungskompetenz hat.

Stellt sich noch die Frage, wann ein Versammlungsleiter mit Beschlussfeststellungskompetenz ausgestattet ist. Er ist es dann, wenn der Gesellschaftsvertrag ihm diese Kompetenz einräumt. Bei einem ad hoc durch Beschluss bestellten Versammlungsleiter müssen die Gesellschafter ihn dagegen nach der aktuellen Rechtsprechung ausdrücklich oder zumindest nach außen erkennbar stillschweigend mit dieser Kompetenz ausgestattet haben.