Die Tricks der Erbschleicher

Einschleimen, Manipulieren und Fälschen - eine Frage der Perspektive

Veröffentlicht am: 25.04.2016
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Wer als Rechtsanwalt für Erbrecht oder Richter in Nachlasssachen unterwegs ist, hat sie schon einmal kennen gelernt: die Erbschleicher. Als solche bezeichnet Personen, die es durch List legal oder illegal schaffen, in einem Testament zu Unrecht als Erbe eingesetzt zu werden.

Dass dies allerdings eine Frage der Perspektive ist, versteht sich von selbst. Würde jeder stets das Erben was er verdient und wären sich darüber stets alle einig, gäbe es ja auch keinen Erbstreit. Und der gehört schließlich in den besten Familien zum generationsübergreifenden Repertoire.  

Doch, das kann Opa sehr wohl machen!

Für Gelassenheit bei der Erbauseinandersetzung könnte bereits die Verinnerlichung des Grundsatzes der Testierfreiheit sorgen. Der Erblasser darf nämlich sein Vermögen verteilen wie er will. Ihn trifft auch keine moralische Pflicht, Personen, die ihm nahe standen und für ihn sorgten, irgendwie zu bedenken. Die Angehörigen mögen es als „Sauerei“ empfinden, wenn Opa auf dem Sterbebett seiner geheimen Jugendliebe seine Wohnung vermacht.

Rechtlich ist dagegen erst mal nichts einzuwenden. Insbesondere gilt auch ein Testament zugunsten einer Geliebten auf Kosten der Ehefrau und der gemeinsamen Kinder längst nicht mehr als sittenwidrig.  

Pflichtteilsrecht und Testierfähigkeit als Grenzen

Dafür, dass die nächsten Angehörigen nicht leer ausgehen, sorgt ja bereits das Pflichtteilsrecht. Dieses gewährt Ehegatten und Kindern im Falle einer Enterbung einen Geldanspruch in Höhe der Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils. Wirtschaftlich und strategisch ist die Position des Pflichtteilsberechtigten beim Erbstreit gar nicht so schlecht. Viele Angehörige haben aber emotional ein Problem damit, als Pflichtteilsberechtigter keinen Zugriff auf bestimmte Vermögenswerte wie z.B. Immobilien oder persönliche Gegenstände zu haben.  

Im Zusammenhang mit Erbschleicherei spielt auch die Testierfähigkeit immer wieder eine große Rolle. Nur wer geistig in der Lage ist, die Bedeutung seines Handelns bei der Errichtung eines Testaments zu verstehen, gilt als testierfähig. Gerade bei hochbetagten Menschen mit Erkrankungen, wie z.B. Demenz, ist dies zweifelhaft. Solche komplexen medizinischen Fragen müssen regelmäßig nach dem Erbfall im Erbscheinsverfahren anhand von Zeugenaussagen und Gutachten erörtert werden. Das streitige Erbscheinsverfahren wird angestoßen, wenn der testamentarische Erbe einen Erbschein beantragt und die durch das Testament enterbten Angehörigen widersprechen.

Einen weiteren gesetzlichen Schutz vor Erbschleichern bietet das Heimgesetz, welches die Erbeinsetzung z.B. von Pflegepersonal im Falle einer Heimunterbringung erschwert.

Manipulation und Fälschung

Ein Testament ist aber jedenfalls dann unwirksam, wenn der Errichter es nicht eigenverantwortlich und selbstbestimmt verfasst hat. Klar ist dies, wenn ein Erbschleicher den Testierenden bei der Errichtung täuscht oder bedroht. Solche Testamente sind anfechtbar. Auch das Gelegentliche „Handführen“ bei der Niederschrift eines Testaments, das über das bloße „Handstützen“ hinausgeht, führt zur Ungültigkeit eines Testaments.

Wer nichts dem Zufall (bzw. dem Erblasser) überlassen will, schreibt das Testament zu seinen Gunsten gleich selbst. Fliegt die Fälschung z.B. durch ein grafologisches Gutachten auf, hilft auch nicht die Schutzbehauptung, man sei vom Erblasser für die Testamentserrichtung bevollmächtigt worden. Das Verfassen eines Testaments ist so persönlich, dass eine Vertretung in diesem Fall unzulässig ist.  

Schutz durch rechtzeitige Errichtung, Hinterlegung und Bindungswirkung  

Da die Möglichkeiten der Angehörigen begrenzt sind, liegt es vor allem am Erblasser selbst, seine Familie vor Erbschleichern zu schützen – oder halt einen anderen, wenn er die Familienmitglieder selbst als Erbschleicher betrachtet. In jedem Fall ist es sinnvoll, rechtzeitig für klare Verhältnisse zu sorgen und frühzeitig zu testieren. Testamente sollten beim Nachlassgericht hinterlegt werden, damit sie nicht verloren gehen können.

Auch die Bindungswirkung eines Ehegattentestaments (z.B. Berliner Testament) bietet einen gewissen Schutz vor unerwünschter Manipulation. Zum kann der Ehegatte zu Lebzeiten nicht heimlich ein weiteres Testament errichten. Zum anderen können die Eheleute bestimmen, dass nach dem Tod des Erstversterbenden nicht mehr in die weitere Erbfolge eingegriffen werden darf.