Verbindliche Auskunft vom Finanzamt
Wann und wie sollte man einen Antrag nach § 89 AO stellen?
Die Komplexität und Dynamik im Steuerrecht aufgrund von Gesetzen, der Praxis der Steuerbehörden und Entscheidungen der Finanzgerichte sorgen oft für mangelnde Rechtssicherheit in der Beratung. Wenn Sie als Privatperson, Unternehmer oder Investor die Umsetzung eines konkreten Sachverhalts planen, beispielsweise bei Umstrukturierungen wie z.B. bei einer Unternehmensnachfolge, können Sie zur Klärung der steuerlichen Beurteilung beim zuständigen Finanzamt eine verbindliche Auskunft zu dem geplanten Vorhaben beantragen.
Beratungsleistungen zur verbindlichen Auskunft vom Finanzamt
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Was ist eine verbindliche Auskunft des Finanzamts?
Die verbindliche Auskunft ist ein Verwaltungsakt der Finanzbehörde über die steuerliche Beurteilung eines Sachverhalts. Er bindet das später für die Veranlagung der Steuer zuständige Finanzamt. Dadurch gibt Ihnen die verbindliche Auskunft Planungssicherheit und insbesondere Rechtssicherheit bezüglich der späteren steuerlichen Beurteilung des dann verwirklichten Sachverhalts. Die verbindliche Auskunft ist in § 89 Absatz 2 Abgabenordnung (AO) geregelt.
§ 89 Absatz 2 AO | Auskunft
Die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern können auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Zuständig für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist die Finanzbehörde, die bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts örtlich zuständig sein würde…
Wer eine verbindliche Auskunft vom Finanzamt begehrt, muss
eine konkrete Rechtsfrage vorlegen,
bei der zuständigen Behörde (Finanzamt oder BZSt) einen Antrag stellen,
ein besonderes steuerliches Interesse an der Auskunftserteilung nachweisen,
die Gebühren für die Auskunft bezahlen.
Eine verbindliche Auskunft kann nicht mehr erteilt werden, wenn der vorgetragene Sachverhalt im Wesentlichen schon verwirklicht ist. Beispielsweise besteht keine Dispositionsmöglichkeit mehr, wenn bereits für den Sachverhalt relevante Verträge unterschrieben worden sind. In solchen Fällen können offene Rechtsfragen nur noch im Rahmen eines Veranlagungs- oder Feststellungsverfahrens entschieden werden.
WICHTIG: Eine verbindliche Auskunft kann auch schon für eine Gesellschaft, die erst noch gegründet wird, durch den zukünftigen Gründer beantragt werden.
Wo muss der Antrag gemäß § 89 AO gestellt werden?
Den Antrag für eine verbindliche Auskunft muss der Steuerpflichtige je nach Zuständigkeit (§ 89 Absatz 2 AO) bei seinem Finanzamt oder beim Bundeszentralamt für Steuern stellen.
Zuständig ist grundsätzlich das Finanzamt, das im Fall der zukünftigen Verwirklichung des geplanten Sachverhalts auch örtlich zuständig wäre. Das ist manchmal bei Umstrukturierungen mit mehreren beteiligten Unternehmen und Gesellschaftern gar nicht so einfach zu bestimmen.
Nur ausnahmsweise ist das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zuständig für eine verbindliche Auskunft. Voraussetzung dafür ist, dass im Zeitpunkt der Antragstellung für die Besteuerung des konkreten Sachverhalts bzw. des Steuerpflichtigen kein deutsches Finanzamt zuständig ist. Das kommt regelmäßig vor, wenn eine neue Gesellschaft gegründet werden soll oder der Steuerpflichtige im Ausland ansässig ist und keinen sonstigen steuerlichen Anknüpfungspunkt in Deutschland hat.
Antragsvoraussetzungen für verbindliche Auskunft
In § 1 StAuskV (Steuer-Auskunftsverordnung) sind Form und Inhalt des Antrags auf verbindliche Auskunft geregelt. Einen Antrag auf verbindliche Auskunft kann man sowohl schriftlich als auch auf elektronischem Wege bei der zuständigen Steuerbehörde einreichen. Er muss die folgenden Pflichtangaben enthalten:
genaue Bezeichnung des Antragstellers (Name, bei natürlichen Personen Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt, ansonsten Sitz oder Ort der Geschäftsleitung, gegebenenfalls Steuernummer)
umfassende und in sich abgeschlossene Darstellung des zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht verwirklichten Sachverhalts
Darlegung des besonderen steuerlichen Interesses des Steuerpflichtigen
ausführliche Darlegung des Rechtsproblems mit eingehender Begründung des eigenen Rechtsstandpunktes des Steuerpflichtigen
Formulierung konkreter Rechtsfragen
Erklärung, dass über den zur Beurteilung gestellten Sachverhalt bei keiner anderen Finanzbehörde eine verbindliche Auskunft beantragt wurde
Versicherung, dass alle für die Erteilung der Auskunft und für die Beurteilung erforderlichen Angaben gemacht wurden und der Wahrheit entsprechen
Vom Steuerpflichtigen wird außerdem gemäß § 89 Abs. 4 S. 2 AO verlangt, Angaben zum Gegenstandswert der verbindlichen Auskunft zu machen.
WICHTIG: Der Steuerpflichtige hat keinen generellen Anspruch auf Erteilung einer solchen verbindlichen Auskunft. Die Finanzbehörden dürfen nach eigenem Ermessen entscheiden, ob sie eine verbindliche Auskunft für den konkreten Steuersachverhalt erteilen oder nicht. Dabei besteht Ermessen sowohl hinsichtlich der Entscheidung, ob eine verbindliche Auskunft erteilt werden kann (Entschließungsermessen), als auch darüber, mit welchem Inhalt eine verbindliche Auskunft erteilt wird (Auswahlermessen).
Sollte der Antrag auf verbindliche Auskunft formale oder inhaltliche Mängel aufweisen, hat der Steuerpflichtige grundsätzlich die Möglichkeit, den Sachvortrag nachträglich zu ergänzen. Ansonsten wird der Antrag abgewiesen.
Was kann Gegenstand einer verbindlichen Auskunft sein?
Damit die zuständige Finanzbehörde den Sachverhalt zutreffend beurteilen kann, muss der Antragsteller ihn so detailliert wie möglich darstellen. Eine Auskunft wird vom Finanzamt ausschließlich hinsichtlich der steuerlichen Beurteilung des geschilderten Sachverhaltes erteilt – eine Art ‚Ermittlungspflicht‘ besteht für die Finanzbeamten nicht.
Eine verbindliche Auskunft wird verweigert, wenn das geplante Vorhaben aus Sicht der Finanzbehörde ausschließlich der Erlangung eines Steuervorteils – zum Beispiel in Form von Steuersparmodellen – dienen soll.
Es wird auch keine verbindliche Auskunft für alternative Gestaltungsvarianten erteilt. Wenn dann müssen getrennte Anträge für unterschiedliche Gestaltungsvarianten gestellt werden.
Eine verbindliche Auskunft für bereits umgesetzte bzw. verwirklichte Sachverhalte ist zwar unzulässig, dennoch kann im Rahmen von bereits vorliegenden Dauersachverhalten, für die eine konkrete Umgestaltung geplant ist, eine verbindliche Auskunft erteilt werden.
Wen bindet eine verbindliche Auskunft?
Eine verbindliche Auskunft bindet das Finanzamt, das später für die Veranlagung des Steuerpflichtigen in dem konkreten Sachverhalt örtlich und sachlich zuständig ist. Bindend für die Besteuerung des Steuerpflichtigen ist die Auskunft auch nur unter der Voraussetzung, dass der vorgetragene Sachverhalt in den zugrunde gelegten wesentlichen Punkten realisiert wird – bei nur unwesentlichen Abweichungen bleibt die Bindungswirkung bestehen.
Wann ist eine Auskunft nicht (mehr) verbindlich?
Ergeht die verbindliche Auskunft von einem nicht zuständigen Finanzamt, kann sie keine Bindungswirkung entfalten.
Widerspricht die Auskunft zum Nachteil des Steuerpflichtigen geltendem Recht, entfällt die Bindungswirkung. Dies gilt insbesondere ab dem Zeitpunkt, in dem Gesetze, die für die Auskunft maßgeblich waren, aufgehoben werden oder eine Änderung eingeführt wurde.
Wurde eine verbindliche Auskunft mittels Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt, oder war der Steuerpflichtige sich über die Rechtswidrigkeit der Auskunft im Klaren oder hätte er diese erkennen müssen, kann die verbindliche Auskunft vom Finanzamt noch rückwirkend korrigiert werden.
Was kostet eine verbindliche Auskunft (Gebühren)?
Ein Antrag auf verbindliche Auskunft des Finanzamtes oder des BZSt ist gebührenpflichtig (§ 89 Absatz 3 bis 7 AO). Die Höhe hängt dabei vom Gegenstandswert ab, der sich aus dem Wert ergibt, den die Auskunft für den Steuerpflichtigen hat. Entscheidend dafür sind die steuerlichen Auswirkungen, die der geschilderte Sachverhalt für die Besteuerung des Steuerpflichtigen haben wird.
Es ist eine entsprechende Berechnungsgrundlage anzugeben. Geht es um Dauersachverhalte, kann die Einschätzung anhand der durchschnittlichen steuerlichen Auswirkung über einen 12-Monats-Zeitraum erfolgen. Dabei gilt jedoch nach § 89 Abs. 5 AO eine Bagatellgrenze in Höhe von 10.000 EUR. Beträgt der Gegenstandswert weniger als 10.000 EUR, wird keine Gebühr erhoben.
Sofern kein Wert bestimmt oder geschätzt werden kann, erfolgt die Berechnung einer Zeitgebühr gemäß § 89 Abs. 6 AO. Sie beträgt 50 Euro je angefangene halbe Stunde Bearbeitungszeit. Beträgt die Bearbeitungszeit weniger als zwei Stunden, wird keine Gebühr erhoben.
WICHTIG: Der Antrag auf verbindliche Auskunft wird kostenpflichtig, sobald die Behörde tatsächlich tätig geworden ist. Gebühren werden daher auch fällig, wenn
der Antrag aufgrund formaler Fehler abgelehnt wird.
zum geschilderten Problem schon eine regelnde Norm, ein höchstrichterliches Urteil oder eine entsprechende Verwaltungsanweisung existiert.
der vorgetragene Sachverhalt in seinen wesentlichen Teilen schon verwirklicht wurde, und dadurch keine verbindliche Auskunft erteilt wird.
Für den Fall, dass der Antrag wieder zurückgenommen wird, bevor eine Entscheidung über die verbindliche Auskunft getroffen wurde, kann die Gebühr ermäßigt werden.
Die Gebührenfestsetzung erfolgt per Verwaltungsakt. Dieser kann mittels Einspruchs (§ 374 AO) angefochten werden.
Wann wird die Gebühr fällig?
Die Gebühr für die verbindliche Auskunft muss gezahlt werden, bevor die Entscheidung des Finanzamts erfolgt. Grundsätzlich ist sie innerhalb eines Monats nach Aufforderung durch das Finanzamt zu zahlen.
Lohnsteueranrufungsauskunft
Arbeitgeber können gemäß § 42e EStG (Einkommensteuergesetz) auch eine Auskunft zur Lohnsteuer erhalten. Grund dafür ist, dass der Arbeitgeber dafür haftet, wenn sie nicht korrekt abgeführt wurde. In diesem Fall besteht tatsächlich ein Rechtsanspruch darauf, vom Finanzamt die entsprechenden Informationen zu erhalten. Es muss auf Antrag Auskunft darüber erteilen, welche Lohnsteuervorschriften im Einzelfall Anwendung finden und Fragen zu Form und Inhalt der Lohnbuchführung beantworten.
Zwar können Anfragen grundsätzlich formlos beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt eingereicht werden. Dennoch ist es aus Perspektive der Rechtssicherheit empfehlenswert, sich beim Antrag nach den Formerfordernissen für eine verbindliche Auskunft zu richten.
Wird dem Arbeitgeber eine Anrufungsauskunft vom Finanzamt mitgeteilt, stellt diese einen feststellenden Verwaltungsakt gemäß § 118 S. 1 AO dar. Damit bindet sich die zuständige Steuerbehörde selbst. Allerdings kann eine solche Anrufungsauskunft analog § 207 Abs. 2 AO auch wieder aufgehoben oder geändert werden.
Verbindliche Zusage im Rahmen einer Außenprüfung
Auch im Rahmen einer steuerlichen Betriebsprüfung kann eine verbindliche Zusage erteilt werden. Diese ist geregelt in §§ 204 ff. AO und bezieht sich auf Sachverhalte, die in der Vergangenheit im Rahmen einer Betriebsprüfung geprüft worden sind und sich gleichermaßen auf die Zukunft des Unternehmens auswirken – zum Beispiel Gesellschafterverträge.
Damit nach einer Außenprüfung eine verbindliche Aussage erteilt werden kann, muss ein in der Vergangenheit geprüfter Sachverhalt, der im Prüfungsbericht beurteilt worden ist, vorliegen und dessen Einschätzung hinsichtlich einer zukünftigen steuerlichen Behandlung für unternehmerische Maßnahmen relevant sein.
Ein Antrag für eine verbindliche Zusage muss in zeitlichem Zusammenhang mit der vorangegangenen Außenprüfung gestellt werden. Zwar können entsprechende Anträge grundsätzlich formlos beim zuständigen Finanzamt gestellt werden, dennoch ist es aus Perspektive der Rechtssicherheit empfehlenswert, sich beim Antrag nach den Formerfordernissen für eine verbindliche Auskunft zu richten.
FAQs - verbindliche Auskunft vom Finanzamt
Was ist eine verbindliche Auskunft?
Bei der verbindlichen Auskunft handelt es sich um eine Entscheidung des Finanzamts, die sich auf einen geplanten, also noch nicht verwirklichten Sachverhalt bezieht. Dadurch können Steuerpflichtige Rechtssicherheit für geplante Steuergestaltungen erlangen.
Wer kann eine verbindliche Auskunft beantragen?
Neben Privatpersonen können auch Unternehmer und Investoren eine verbindliche Auskunft vom Finanzamt beantragen, um Rechtssicherheit bei der Planung eines konkreten Vorhabens - beispielsweise in Zusammenhang mit einer Unternehmensnachfolge oder der Umstrukturierung eines Unternehmens - zu erhalten.
Wo stellt man den Antrag auf verbindliche Auskunft?
Ein Antrag auf verbindliche Auskunft muss man grundsätzlich beim zuständigen Finanzamt stellen. In Ausnahmefällen kann die verbindliche Auskunft auch beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) anzufordern sein, insbesondere bei Sachverhalten mit Auslandsbezug und auch wenn aus anderen Gründen noch kein Finanzamt für den Steuerpflichtigen zuständig ist.
Wie hoch ist die Gebühr für eine verbindliche Auskunft beim Finanzamt?
Die Kosten der verbindlichen Auskunft beim Finanzamt richten sich nach § 89 AO und hängen von der Höhe des sogenannten Gegenstandswerts ab. Dieser richtet sich nach den steuerlichen Auswirkungen für den Antragsteller aufgrund des geschilderten Sachverhalts. Alternativ kann auch eine Zeitgebühr angesetzt werden.