Wegzugsbesteuerung für Unternehmer und Gesellschafter
Steuerrisiko bei Wohnsitzwechsel ins Ausland
Globalisierung und europäische Integration führen zu einer erhöhten Mobilität von Steuerpflichtigen. Insbesondere für Unternehmer und Gesellschafter kann der Wegzug ins Ausland jedoch eine erhebliche steuerliche Sonderbelastung auslösen. Im Rahmen der sogenannten Wegzugsbesteuerung werden bei GmbH-Geschäftsanteilen und gegebenenfalls auch bei Anteilen an Personengesellschaften wie der KG, bzw. GmbH & Co. KG oder der GbR stille Reserven aufgelöst, die zu versteuern sind.
Als Kanzlei für Steuerrecht beraten wir bundesweit und international Unternehmer, Gesellschafter und Investoren in allen steuerrechtlichen Fragen.
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Anwaltliche Expertise beim Wegzug ins Ausland
Unser Team von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Fachanwälten für Steuerrecht verfügt über jahrelange Erfahrungen bei der Beratung zur internationalen Besteuerung. Der Rahmen der Dienstleistungen unserer Rechtsanwälte umfasst die folgenden Bereiche:
- Prüfung der Voraussetzungen der Wegzugbesteuerung
- Gestaltungen zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung
- Begleitung von Einsprüchen und Klagen vor den Finanzgerichten im Zusammenhang mit der Wegzugbesteuerung
- Gutachten zu Einzelfragen der Wegzugbesteuerung
Voraussetzungen der Wegzugsbesteuerung
Der Wegzug ins Ausland einer natürlichen Person, die in ihrem Privatvermögen Anteile an Kapitalgesellschaften hält (zum Beispiel GmbH oder AG), löst regelmäßig den Wegzugsbesteuerungstatbestand des § 6 Außensteuergesetz (AStG) aus. Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige die letzten zehn Jahre in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig gewesen ist, er innerhalb der letzten fünf Jahre zumindest 1% der Anteile an einer Gesellschaft besaß und dass er seinen deutschen Wohnsitz endgültig aufgibt. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine deutsche oder eine ausländische Kapitalgesellschaft (zum Beispiel die britische Limited / Ltd.) handelt. Erfolgt der Wegzug dagegen nur vorübergehend, kann die Wegzugsbesteuerung entfallen.
Anders als die Bezeichnung der Wegzugsbesteuerung vermuten lässt, greift diese nicht nur beim Wegzug des Steuerpflichtigen ein, sondern auch wenn einer der nachfolgenden Ergänzungstatbestände erfüllt ist:
- Der Übergang von Anteilen aufgrund Tod oder Schenkung auf eine nicht in Deutschland unbeschränkte steuerpflichtige Person ab.
- Wenn ein Wohnsitz zwar beibehalten wird, aber nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) der Steuerpflichtige als im anderen Staat als ansässig angesehen wird.
- Einlage der Anteile in einen Betrieb oder Betriebsstätte in einem ausländischen Staat.
- Generell wenn Deutschland die Gewinne aus der Veräußerung der Beteiligung nicht mehr besteuern darf.
Rechtsfolge der Wegzugsbesteuerung
Wird die Wegzugsbesteuerung ausgelöst, hat dies zur Folge, dass der Steuerpflichtige steuerlich so gestellt wird, als ob er seine Beteiligung veräußert hätte. Es findet also die Besteuerung einer fiktiven Veräußerung statt. Hierbei werden die sogenannten stillen Reserven aufgedeckt. Das heißt vereinfacht, dass die Differenz zwischen Buchwert und Verkehrswert zum persönlichen Einkommensteuersatz des Steuerpflichtigen besteuert wird. Die Besteuerung erfolgt dabei im Teileinkünfteverfahren.
Wegzug innerhalb der EU und den EWR-Mitgliedstaaten
Gesellschafter, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums sind, können bei einem Wegzug aus Deutschland innerhalb der EU bzw. EWR von der Stundungsvorschrift des § 6 Abs. 4 AStG profitieren. Voraussetzung dafür ist, dass im Zuzugsstaat eine mit der deutschen unbeschränkten Einkommensteuerpflicht vergleichbaren Steuerpflicht besteht und dass die Amtshilfe und gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung der geschuldeten Steuer zwischen Deutschland und diesem Staat gewährleistet sind.
Das bedeutet, dass die Wegzugsbesteuerung zwar grundsätzlich anfällt, diese jedoch gestundet wird und zwar zinslos, ohne Sicherheitsleistung und unbefristet. Die Stundung wird allerdings dann widerrufen, wenn die Anteile tatsächlich veräußert werden oder der Steuerpflichtige in einen Drittstaat außerhalb der EU und des EWR weiterzieht.
Wegzug in die Schweiz
In einer aktuellen Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof sich mit der Frage befasst, wie die deutsche Wegzugsbesteuerung bei einem Umzug in die Schweiz zu bewerten sei. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorläge, der eine ungerechtfertigte Beschränkung der vom Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft garantierten Niederlassungsfreiheit darstelle. Der Europäische Gerichtshof ist daher der Auffassung, dass eine Stundungsmöglichkeit in Bezug auf einen Wegzug in die Schweiz erforderlich sei. Die Finanzverwaltung hat hierauf mittels eines koordinierten Ländererlasses reagiert und verfügt, dass bis zu einer gesetzlichen Änderung des Außensteuergesetzes in den Fällen, in denen der Gleichbehandlungsgrundsatz des Freizügigkeitsabkommens berührt ist, auf Antrag eine Stundung in fünf gleichen Jahresraten vorzunehmen sei. Diese sei zu verzinsen. Ob der Gesetzgeber sich diese Vorgehensweise zu eigen macht oder zusätzlich eine zinsfreie Stundung ermöglicht, bleibt abzuwarten.
Strategien zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung
In der juristischen Literatur werden verschiedene von Lösungsansätzen zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung vorgeschlagen. Nachfolgend soll hierzu ein kurzer Überblick gegeben werden.
- Die naheliegendste Lösung ist, keinen endgültigen Wegzug durchzuführen. Das bedeutet entweder, dass lediglich ein vorübergehender Wegzug von maximal fünf Jahren (verlängerbar auf insgesamt zehn Jahre) erfolgt oder der Wohnsitz in Deutschland überhaupt nicht aufgegeben wird. Behält der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz im Inland und bleibt er hierdurch als Steuerinländer unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland, wird die Wegzugsteuer nicht ausgelöst. Zu beachten ist jedoch, dass bei einem Wegzug in einen Staat, mit dem Deutschland ein DBA abgeschlossen hat, die Beibehaltung eines inländischen Wohnsitzes möglicherweise nicht ausreicht, um weiterhin in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig zu sein. In den Fällen, in denen der Steuerpflichtige nicht mehr in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist, wird der Besteuerungstatbestand des § 6 AStG ausgelöst, auch wenn ein Wohnsitz in Deutschland beibehalten wird.
- In der juristischen Literatur wird häufig die Einbringung der Anteile in das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft oder die Umwandlung der Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft (zum Beispiel in eine GmbH & Co. KG) empfohlen. Beide Wege erfordern einen gewissen gestalterischen Aufwand. Insbesondere muss die Personengesellschaft dergestalt aufgestellt sein, dass sie weiterhin ihren Sitz ausschließlich in Deutschland hat. Dies wird beim Wegzug des geschäftsführenden Gesellschafters regelmäßig nicht der Fall sein. Die Folge wäre, dass zwar keine Wegzugsbesteuerung ausgelöst wird, dafür aber die sogenannte Enstrickungsbesteuerung nach § 4 Abs. 1 S. 3 Einkommensteuergesetz (EStG), mit dem gleichen steuerrechtlichen Effekt: Der Aufdeckung der stillen Reserven. Gerade bei einem Wegzug in einen Staat, mit dem Deutschland ein DBA abgeschlossen hat, sind hier bisweilen durchaus hohe Hürden zu überspringen.
Die steuerrechtliche und anwaltliche Beratung bei Wegzug ins Ausland
Ein Wegzug ins Ausland bedarf einer umsichtigen Planung, gerade – aber nicht nur - im steuerrechtlichen Bereich. In Fällen, in denen eine Wegzugsbesteuerung droht, muss stets individuell und einzelfallbezogen geprüft werden, welche Möglichkeiten im konkreten Fall bestehen. Darüber hinaus ist eine Reihe weiterer Fragen, die sich bei einem Wegzug in eine andere Jurisdiktion stellen, im Vorfeld zu beachten. Dies gilt nicht zuletzt für erbrechtliche und erbschaftsteuerrechtliche Aspekte.
Bei ROSE & PARTNER bieten wir Ihnen an unseren Standorten Hamburg, Berlin, Frankfurt, München und Mailand die passenden Experten, Rechtanwälte, Fachanwälte für Steuerrecht und Erbrecht sowie Steuerberater mit ausgewiesener Expertise in verschiedensten Konstellationen der Wohnsitzverlegung ins Ausland.