Verjährung des Pflichtteilsanspruchs

Fristen für die Geltendmachung des Pflichtteils

Nahe Angehörige wie Kinder oder Ehegatten haben im Falle der Enterbung einen Anspruch auf ihren Pflichtteil. Aber wie lange kann der Pflichtteil geltend gemacht werden bzw. eingeklagt werden? Wann verjährt der Pflichtteilsanspruch bzw. wann beginnen und enden die Fristen? Nachfolgend informieren wir Sie darüber, wann ein Pflichtteil grundsätzlich verjährt, welche Besonderheiten dabei zu berücksichtigen sind und was man gegen eine drohende Verjährung unternehmen kann.

Anwaltliche Leistungen rund um den Pflichtteil

Unsere Fachanwälte für Erbrecht und Pflichtteilsexperten beraten und vertreten bundesweit Enterbte, Erben und Erblasser in allen Fragen rund um den Pflichtteil.

  • Geltendmachung bzw. Abwehr von Pflichtteilsansprüchen und Pflichtteilsergänzungsansprüchen
  • Gutachterliche Prüfung der Verjährung von Ansprüchen aus dem Pflichtteilsrecht
  • Berechnung von Pflichtteilsquoten und Pflichtteilsansprüchen
  • Gestaltung von Pflichtteilsvermeidungsstrategien

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Erstberatung Pflichtteil geltend machen bzw. abwehren

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1. Grundsatz: 3 Jahre ab Kenntnis zum Jahresende

Der Pflichtteilsanspruch zielt auf die Zahlung eines Geldbetrages und ist bereits mit dem Tod des Erblassers fällig (§ 2317 BGB). Er muss innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist geltend gemacht werden. Anderenfalls ist er wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbar. Auch im Pflichtteilsrecht gilt (inzwischen) die zivilrechtliche Regelverjährung gemäß §§ 195, 199 BGB:

Pflichtteilsansprüche verjähren in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, an dem der Pflichtteilsberechtigte  vom Eintritt des Erbfalls und seiner Enterbung erfahren hat.

a. Beginn der Verjährungsfrist: Jahresende nach Kenntnis

Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres,

  • in dem der Pflichtteilsanspruch entstanden ist und
  • der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis von diesem Anspruch erlangt hat.

Obwohl der Pflichtteil unmittelbar mit dem Tod des Erblassers fällig wird, beginnt die dreijährige Verjährungsfrist also frühestens am 1. Januar des auf das Versterben folgenden Jahres.

b. Ende der Verjährungsfrist: 3 Jahre (zum Jahresende)

Da die Frist stets zum Jahresanfang beginnt und 3 Jahre beträgt, endet die Frist auch stets an einem 31. Dezember ("Silvesterverjährung").

c. Höchstfrist: 30 Jahre

Der Pflichtteil verjährt spätestens 30 Jahre nach dem Erbfall – unabhängig davon, ob und wann die enterbte Person vom Erbfall erfahren hat. Hierdurch soll für alle Beteiligten Rechtssicherheit geschaffen werden.

Beispiel für die Verjährung des Pflichtteils

Der Vater enterbt am 12. Juni 2001 seinen Sohn per Testament und verstirbt am 20. Dezember 2020. Der Sohn erfährt noch im Dezember vom Versterben des Vaters und am 3. Januar 2021 wird ihm das eröffnete Testament zugeschickt.

Die Verjährungsfrist beginnt am 1. Januar 2022 und endet am 31. Dezember 2024.

2. Was bedeutet Kenntnis von Erbfall, Erbe und Enterbung?

Die Verjährungsfrist beginnt grundsätzlich nicht schon mit der Entstehung des Pflichtteilsanspruchs (also mit dem Erbfall), sondern erst, wenn der Enterbte Kenntnis von seinem Pflichtteilsanspruch bzw. von den Tatsachen, die seinen Anspruch begründen, hat. Die Verjährung beginnt also frühestens mit Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten von:

  1. Erbfall, also dem Versterben des Erblasssers
  2. der Enterbung durch letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag). Es reicht, wenn der wesentliche Inhalt bekannt ist, aus dem die Enterbung hervorgeht. Berechtigte Zweifel an der Wirksamkeit des Testaments können gegebenenfalls die Kenntnis vorübergehend ausschließen. Auch die nur mündliche Mitteilung des Testamentsinhalts noch vor der Eröffnung der letztwilligen Verfügung, kann unter Umständen zur Kenntnis führen.
  3. des bzw. der Erben, also dem Schuldner des Pflichtteils.

Für den Beginn der Verjährungsfrist kommt es aber nicht darauf an, ob der Enterbte Kenntnis vom konkreten Nachlass oder vom Wert des Nachlasses bzw. einzelner Positionen des Nachlasses hatte.

BGH zur Kenntnis bei Verjährung

"Der Verjährungsbeginn setzt grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen voraus. Nicht erforderlich ist in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Nur ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. In diesem Fall fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn." (BGH, Urteil vom 7.12.2020 - XI ZR 348/09)

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3. Grob fahrlässige Unkenntnis des Enterbten

Unkenntnis schütz also erst einmal vor Verjährung. Dieser Grundsatz gilt jedoch dann nicht, wenn die Unwissenheit über die Anspruchsgrundlagen auf grober Fahrlässigkeit beruht. Die Verjährung des Pflichtteils beginnt daher bereits mit Ablauf des Jahres, in dem der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis von seinem Anspruch gehabt haben müsste ("Kennenmüssen").

Grob fahrlässige Unkenntnis wird immer dann unterstellt, wenn der Enterbte zwar keine Kenntnis hat, dies aber nur deshalb, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt hat und auch naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen.

Die Rechtsprechung verlangt daher dem Pflichtteilsberechtigten durchaus ab, dass er sich kundig macht, wenn er von einem Erbfall erfährt. Wird hierüber vor Gericht gestritten, muss allerdings der Erbe (der sich ja auf die Verjährung beruft) darlegen, dass es für Erkundigungen des Enterbten einen Anlass gab. Schafft er das hinreichen, ist es am Pflichtteilsberechtigten, vorzutragen, dass seine Unwissenheit nicht grob fahrlässig war.

Video: Pflichtteil geltend machen und Pflichtteilsansprüche durchsetzen

Rechtsanwalt Bernfried Rose gibt Tipps zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen und eine Schritt für Schritt-Anleitung für enterbte Angehörige.

4. Verjährung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs für Schenkungen

Besondere Vorsicht muss man im Rahmen von Pflichtteilsergänzungsansprüchenwalten lassen. Diese können entstehen, wenn der Erblasser in den letzten 10 Jahren vor seinem Versterben Vermögenswerte verschenkt.  Auch für Pflichtteilsergänzungsansprüche gilt grundsätzlich die Regelverjährung (3 Jahre, zum Jahresende). Zwei Besonderheiten sind jedoch zu beachten:

  • Die Frist beginnt erst, wenn der Pflichtteilsberechtigte auch Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der ihn beeinträchtigenden Schenkung hat.
  • Die 3-jährige Verjährungsfrist von Ansprüchen gegen den Beschenkten gemäß § 2329 beginnt  kenntnisunabhängig mit dem Erbfall zu laufen.

5. Verjährung des Pflichtteils droht - was ist zu tun?

Droht ein Pflichtteilsanspruch zu verjähren, muss er durch rechtliche Schritte gehemmt werden.

Eine Verjährungshemmung kann grundsätzlich durch Verhandlungen (§ 203 BGB) oder auch eine Stundungsabrede (§ 205 BGB) herbeigeführt werden. Auch die Zahlung eines Abschlags auf den Pflichtteil kann als Anerkenntnis ausgelegt werden, sodass die Verjährung neu beginnt.

Um kein Risiko einzugehen, wird in der Praxis regelmäßig Pflichtteilsklage vor dem Zivilgericht erhoben, um die Verjährung zu stoppen. Gerade wenn die Bezifferung der Pflichtteilsansprüche wegen eines noch unklaren Sachverhalts für den Enterbten sehr schwierig ist, zum Beispiel weil ein zum Nachlass gehörendes Unternehmen bewertet werden muss, kommt auch eine Feststellungsklage in Betracht, um die Verjährung zu hemmen. Keine Verjährungshemmung soll dagegen bei der bloßen Auskunftsklage eintreten. Es muss also schon eine (als Stufenklage erhobene) Leistungsklage sein.

Bei den gerichtlichen Schritten tritt dann eine Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung gemäß § 204 BGB ein. Dabei sollte vom Rechtsanwalt darauf geachtet werden, dass auch beim Stillstand des Verfahrens eine Verjährung droht.

BGH, 10.11.1976 - IV ZR 187/75

Ist es dem Pflichtteilsberechtigten nicht möglich, die Höhe des Pflichtteilsanspruchs innerhalb dieser Zeit festzustellen, etwa weil noch Bescheide ausstehen, die den Betrag eines Anspruchs festsetzen, und eine eigene Errechnung des Betrags auf unüberwindliche Schwierigkeiten stößt, dann mag er sich zwecks Unterbrechung der Verjährungsfrist von den Erben eine Anerkennung des Anspruchs geben lassen und, wenn diese verweigert wird, auf Feststellung seines Anspruchs klagen.“

6. Besonderheiten bei minderjährigen Kindern (Berliner Testament)

Der in der Praxis häufigste Fall der Enterbung erfolgt durch ein Ehegattentestament in der Variante des Berliner Testaments. Hier setzen sich die Ehegatten für den ersten Erbfall gegenseitig zu Alleinerben ein. Hierdurch werden die Kinder zunächst enterbt – auch wenn sie letztlich als Schlusserben das elterliche Vermögen erhalten sollen.

Immer wieder kommt es vor, dass Kinder bereits beim Versterben eines Elternteils teilhaben wollen und Pflichtteilsansprüche geltend machen.

Sind die Kinder beim Erbfall minderjährig, kommt es für den Beginn der Verjährung nicht auf ihre eigene Kenntnis, sondern auf die des gesetzlichen Vertreters an. Beim Berliner Testament ist dieser gesetzliche Vertreter jedoch regelmäßig der überlebende Ehegatte des Verstorbenen, also der Erbe, der den Pflichtteil schuldet. In diesen Fällen beginnt die dreijährige Verjährungsfrist frühestens mit Vollendung des 21. Lebensjahres.

7. Wirkung der Verjährung

Sind Pflichtteilsansprüche bzw. Pflichtteilsansprüche verjährt, können Sie auch weiter noch geltend gemacht, also gefordert werden. Der Erbe hat aber dann die Einrede der Verjährung und darf die Zahlung verweigern (§ 214 BGB). Leistet der Erbe dennoch, insbesondere, weil er nicht weiß, dass der Pflichtteil verjährt ist, kann er eine Zahlung aus diesem Grund nicht zurückfordern. Daher sollte die Sach- und Rechtslage rund um den Pflichtteilsanspruch stets genau geprüft werden, wenn eine Verjährung zumindest möglich erscheint.

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Q&A Pflichtteil & Verjährung

Schnelle Antworten auf häufige Fragen?

Wie lange kann man den Pflichtteil einfordern?

Den Pflichtteil kann man als enterbter Pflichtteilsberechtigter beliebig lang einfordern. Ist er jedoch verjährt, kann der Erbe die Einrede der Verjährung geltend machen und die Zahlung verweigern. Die Verjährung tritt drei Jahre nach dem Erbfall und der Kenntnis des Enterbten von der Enterbung ein.

Beginnt die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs mit der Fälligkeit?

Der Pflichtteil entsteht bereits mit dem Versterben des Erblassers und ist sofort fällig. Die Verjährungsfrist beginnt dagegen erst Ende des Jahres, in dem der enterbte Pflichtteilsberechtigte Kenntnis vom Erbfall, der Enterbung und dem Erben bekommen hat.

Verjähren Pflichtteilsansprüche genau 3 Jahre nach dem Erbfall?

Die regelmäßig Verjährung von Pflichtteilsansprüchen beträgt drei Jahre. Da die Verjährungsfrist jedoch stets zum Jahreswechsel nach Erbfall und Kenntnis beginnt, und dann drei Jahre später zum Jahreswechsel endet, tritt die Verjährung effektiv erst nach mehr als drei Jahren ein.

Kann man Pflichtteilsansprüche nach mehr als 30 Jahren geltend machen?

30 Jahre nach dem Erbfall sind Pflichtteilsansprüche stets verjährt - sogar auch dann, wenn der Berechtigte weder Kenntnis vom Erbfall noch von der Enterbung und den Erben hatte.

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Was wir unter einer guten Beratung im Erbrecht verstehen, wie wir das bei uns umsetzen und was Sie davon haben, erzählt Rechtsanwalt Bernfried Rose in diesem Video.

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