Wenn der Hof seine Hofeigenschaft verliert

Letztwillig bestimmter Hoferbe kann Alleinerbe werden

Veröffentlicht am: 04.04.2018
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Letztwillig bestimmter Hoferbe kann Alleinerbe werden

OLG Hamm, 21.03.2018 – 10 W 63/17

Darstellung und Kommentierung der Entscheidung durch Rechtsanwalt Bernfried Rose

Das landwirtschaftliche Erbrecht folgt eigenen Spielregeln, wenn es um die Vererbung von Bauernhöfen im Sinne der Höfeordnung (HöfO) geht. Interessant ist die Konstellation, wenn die Hofeigenschaft zwischen der letztwilligen Verfügung und dem Erbfall verloren geht. So einen Fall hatte das OLG Hamm im März 2018 zu entscheiden.

Hoferbenbestimmung durch Erbvertrag

Dabei ging es um eine landwirtschaftliche Besitzung in Westfalen, deren Eigentümer verstorben war. Er hinterließ weder Kinder noch Ehefrau und hatte im Jahr 2007 den Sohn eines verstorbenen Vetters per Erbvertrag zum Hoferben bestimmt. Dieser hatte die Hofflächen bereits gepachtet, war ausgebildeter Landwirt und bewirtschaftete selbst einen eigenen benachbarten Hof. Als Gegenleistung für die Einsetzung als Hoferbe, verpflichtete er sich zur Zahlung einer monatlichen Rente in Höhe von 850 Euro.

Nichte besteht auf gesetzliche Erbfolge

Als der durch Erbvertrag eingesetzte Hoferbe nach dem Tod des Erblassers ein Hoffolgezeugnis beantragte kam es zum Erbstreit mit einer Nichte des Erblassers. Sie vertrat die Auffassung, sie selbst sowie die anderen Neffen und Nichten bildeten eine Erbengemeinschaft aufgrund der gesetzlichen Erbfolge. Als Begründung führte sie an, dass es sich im Erbfall gar nicht mehr um einen Hof im Sinne der Höfeordnung gehandelt habe. Die Hoferbenbestimmun sei damit hinfällig und die gesetzliche Erbfolge greife.

Verkauft, verpachtet, zweckentfremdet – wenn der Hof seine Hofeigenschaft verliert

Das Grundbuch wies die landwirtschaftliche Besitzung des Erblassers zwar noch als Hof im Sinne der Höfeordnung aus. Allerdings war der Hof durch Landverkäufe seit den 1970er Jahren von ursprünglich ca. 100 Hektar auf nur noch 20 Hektar Ackerland und Forst geschrumpft. Die verbliebenen Flächen hatte der Bauer an seinen Sohn verpachtet. Eigenes landwirtschaftliches Inventar war nicht mehr vorhanden und die Gebäude wurden gewerblich an ein Cateringunternehmen vermietet.

Das Amtsgericht Paderborn war davon unbeeindruckt und sah die gesetzliche Vermutung für die Hofeigenschaft aufgrund der entsprechenden Bezeichnung im Grundbuch nicht als widerlegt an. Anders dagegen das OLG Hamm. Es verweigerte dem Antragsteller das Hoffolgezeugnis wegen fehlender Hofeigenschaft. Es bestehe kein Hof mehr, weil die Betriebseinheit auf Dauer aufgelöst worden sei.

Auslegung der testamentarischen Verfügung rettet den Hoferben

Dass der Streit für den als Hoferben eingesetzten Landwirt doch noch ein gutes Ende nahm, ist der richterlichen Auslegung der letztwilligen Verfügung geschuldet. Die im Erbvertrag enthaltene Hoferbenbestimmung sei nämlich dahin auszulegen, dass der Antragsteller für den Fall des Wegfalls der Hoferbeneigenschaft Alleinerbe werden sollte. Dem Erblasser, so das OLG Hamm, sei es darum gegangen, seinen Nachlass im Ganzen zu erhalten und nicht durch die Aufteilung auf mehrere Neffen und Nichten in einer Erbengemeinschaft zu zersplittern. Der vermeintliche Hoferbe, der hilfsweise einen Erbschein beantragt hatte, der ihn als Alleinerbe ausweist, erreichte damit im Erbscheinverfahren doch noch sein Ziel.

Gleiches Ergebnis, besserer Weg

Im Ergebnis kommt damit das OLG Hamm zum selben Ergebnis wie das Amtsgericht Paderborn: Der zum Hoferben eingesetzte Landwirt erbt den vermeintlichen Hof. Anders als das Amtsgericht machten es sich die Richter des OLG aber nicht leicht. Sie ignorierten nämlich nicht die eindeutig vorliegenden Kriterien für den Wegfall der Hofeigenschaft, sondern wählten den aufwendigeren Weg über die Auslegung zugunsten des Antragstellers.

Das dabei genutzte Motiv des Erblassers hinsichtlich der Vermeidung einer Erbengemeinschaft entspricht im Wesentlichen den gelebten Prinzipien in bäuerlichen Familien. Dennoch darf dabei nicht übersehen werden, dass bei einem Wegfall der Hofeigenschaft, diese Motive des Erblassers im Widerspruch zu den berechtigten Interessen der weichenden Erben stehen. Sind – anders als im vorliegenden Fall – die weichenden Erben pflichtteilsberechtigte Personen, also insbesondere Kinder, hat die Frage des Fortbestandes der Hofeigenschaft noch eine andere Dimension. Schließlich ist der Pflichtteil nach gewöhnlichem Erbrecht deutlich höher als die Abfindung bei der Hofübergabe nach der Höfeordnung.