Stiftung & Pflichtteil

Die Familienstiftung als Instrument gegen Pflichtteilsansprüche?

Pflichtteilsansprüche enterbter naher Angehöriger sind ein wesentlicher Störfaktor bei der Gestaltung der Vermögensnachfolge. Es haben sich ganz unterschiedliche Strategien zur Reduzierung des Pflichtteils etabliert. Dabei spielt auch die Errichtung einer Familienstiftung eine Rolle. Im nachfolgenden Beitrag geben unsere Stiftungsexperten und Fachanwälte für Gesellschaftsrecht, Steuerrecht und Erbrecht einen Überblick über den Themenkomplex Stiftung & Pflichtteil:

Anwaltliche Leistungen rund um die Familienstiftung und den Pflichtteil

Unsere Stiftungsexperten, Fachanwälte und Steuerberater betreuen Unternehmer und vermögende Privatpersonen in allen Fragen rund um die Nachfolgeplanung:

  • Erarbeitung individueller Nachfolgekonzepte - rechtlich und steuerlich
  • Gestaltungen mit Testamenten, Erbverträgen, Eheverträgen, Verzichtsverträgen, Schenkungen etc.
  • Gründung von Familiengesellschaften, Familienstiftungen, Unternehmensstiftungen und gemeinnützigen Stiftungen
  • Strategien zur Pflichtteilsreduzierung
  • Beratung von Stiftungsorganen

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1. Überblick Pflichtteil & Pflichtteilsergänzung

Das Pflichtteilsrecht gewährt nahen Angehörigen (Abkömmlinge, Ehegatten und gegebenenfalls Eltern) im Falle der teilweisen oder vollständigen Enterbung durch ein Testament Pflichtteilsansprüche. Diese sind gegen den (bzw. die) Erben auf eine Geldzahlung gerichtet. Die Pflichtteilsquote beträgt dabei die Hälfte der gesetzlichen Erbquote.

Während sich der reguläre Pflichtteilsanspruch auf den Nachlass bezieht, der tatsächlich beim Erbfall noch im Eigentum des Erblassers steht, gibt es auch sogenannte Pflichtteilsergänzungsansprüche (§ 2325 BGB). Diese beziehen sich auf Schenkungen des Erblassers in den letzten 10 Jahren vor dem Erbfall. Wird der Wert der Schenkung unmittelbar nach der unentgeltlichen Vermögensübertragung noch voll zum pflichtteilsrelevanten Nachlass gezählt, schmilzt der Wert mit jedem Jahr nach der Schenkung um 10 Prozent ab, sodass Pflichtteilsergänzungsansprüche nach 10 Jahren nicht mehr bestehen. So zumindest der Grundsatz, von dem es jedoch einige Ausnahmen gibt.

Ausführliche Informationen zum Pflichtteil finden Sie auf unseren Themenseiten und auf unserem YouTube-Kanal:

2. Überblick Familienstiftung

Die Familienstiftung ist eine Stiftung, die mit dem Vermögen einer Familie ausgestattet wird und dieses langfristig bündeln und erhalten soll. Anders als die gemeinnützige Stiftung ist die Familie nicht auf gemeinnützigen Zweck ausgerichtet sondern dient der Familie bzw. den Familienmitgliedern.

Die Stiftung gehört sich selbst und hat weder Mitglieder noch Gesellschafter. Die Ausstattung der Stiftung mit Vermögen kann zu Lebzeiten des Stifters oder mit seinem Tod geschehen. Bei dem Vermögen kann es sich sowohl um Privatvermögen (Immobilien, Wertpapiere etc.) oder auch um Betriebsvermögen (GmbH-Geschäftsanteile, Gesellschaftsanteile an einer GbR, KG etc.) handeln.

Der Stifter legt in der Satzung unter anderem fest, wie welche Familienmitglieder unterstützt werden, wie die Stiftungsorgane, also insbesondere der Stiftungsvorstand und Kontrollgremien besetzt werden und wie das Stiftungsvermögen angelegt wird.

Da Familienstiftungen nicht die umfassenden Steuerbefreiungen von gemeinnützigen Stiftungen genießen, stehen neben steuerlichen Erwägungen die Hauptmotive des Vermögensschutzes oder auch einer Pfichtteilsreduzierung im Vordergrund. Ausführliche Informationen zur Familienstiftung finden Sie hier:

Familienstiftung - Zweck, Gründung, Steuern Unsere große Themenseite für alle, die eine Familienstiftung gründen wollen sowie für Stiftungsvorstände und andere Organe

Video: Familienstiftung - erklärt in 1 Minute

In diesem Video erklärt Rechtsanwalt Bernfried Rose, was eine Familienstiftung ist und wie sie funktioniert.

3. Pflichtteilsergänzung für Zuwendungen an eine Stiftung

Erbrechtlicher Ansatzpunkt ist, dass der Stifter einen oder mehrere Angehörige enterbt hat und das Familienvermögen den übrigen (nicht enterbten) Familienmitgliedern dauerhaft zugute kommt – und zwar ohne, nennenswerte Beträge an die von der Erbfolge ausgeschlossenen Pflichtteilsberechtigten gezahlt werden müssen.

a. Übergang des Vermögens vom Stifter auf die Stiftung

Stattet der Stifter eine von ihm gegründete Familienstiftung bei der Gründung oder später mit Vermögen aus, gehört dieses Vermögen nicht mehr zum Eigentum des Stifters und fällt demnach beim Versterben eigentlich nicht in den Nachlass. Nach den Grundsätzen der Pflichtteilsergänzung können die Zuwendungen an die Stiftung aber vorübergehend noch zum pflichtteilsrelevanten Nachlass gehören.

b. Pflichtteilsrelevante Schenkungen

So erfolgen Zuwendungen an die Stiftung bei ihrer Gründung, ebenso wie Zustiftungen oder Spenden unentgeltlich ohne Gegenleistung. Dass später wieder Mittel aus der Stiftung an den Stifter als Destinatär der Stiftung fließen, ändert daran nichts. Zumindest für Zustiftungen und Spenden ist damit die Pflichtteilsergänzung direkt anwendbar. Bei Zuwendungen im Rahmen der Stiftungsgründung gilt § 2325 BGB wohl nur analog, da das Stiftungsgeschäft nur eine einseitige Willenserklärung ist.

Berechtigt ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob die 10-Jahres-Frist für die Abschmelzung der Pflichtteilsansprüche überhaupt beginnt. Der BGH hat in seiner „Genussverzicht“-Rechtsprechung entschieden, dass die Frist nicht läuft, wenn der Schenker das verschenkte Vermögen wirtschaftlich weiter nutzt (zum Beispiel bei der Immobilienschenkung unter Nießbrauchsvorbehalt). Wie es nun, wenn der Stifter weiter als Destinatär von der Stiftung profitiert? In den meisten Fällen wird man wohl doch annehmen können, dass die Frist des § 2325 Absatz 3 BGB trotz der Destinatärstellung beginnt, der der Stifter sich dadurch wohl regelmäßig nicht die „wesentliche Nutzung“ vorbehält – auch wenn er gleichzeitig noch Stiftungsvorstand ist.

c. Keine Anstandsschenkungen

Diskutiert wird, ob eine Pflichtteilsergänzung vielleicht daran scheitern könnte, weil es sich bei den Zuwendungen an die Stiftung gegebenenfalls um Anstandsschenkungen im Sinne des § 2330 BGB handeln könnte. Die ganz überwiegende Meinung im Stiftungs- und Erbrecht sieht bei der Stiftungsausstattung allerdings mangels sittlicher Verpflichtung keine solche Anstandsschenkung.

4. Anrechnung von Stiftungsleistungen auf den Pflichtteil

Der Gegenspieler der Pflichtteilsergänzung ist im Bereich der Schenkungen die Anrechnung auf den Pflichtteil. Hat nämlich der Enterbte selbst Schenkungen erhalten, muss er sich diese gemäß § 2327 BGB auf den Pflichtteil anrechnen lassen. Es fragt sich, ob dass auch für Leistungen gelten soll, die der Pflichtteilsberechtigte von der Stiftung erhält – wie er zum begünstigten Kreis der Familienmitglieder gehört. Diese Frage ist umstritten, es lassen sich aber gute Gründe dafür finden, dass sich ein Destinatär die Zahlungen der Stiftung anrechnen lasse muss, wenn er nach dem Tod des Stifters Pflichtteilsansprüche geltend macht.

5. Bewertung und Alternativen zur Pflichtteilsreduzierung durch Stiftung

Man sieht also, dass die Familienstiftung zwar keine „Wunderwaffe“ im Kampf gegen den Pflichtteil ist; bei rechtzeitiger Planung und Berücksichtigung der 10-Jahres-Frist für die Ausstattung der Stiftung mit Vermögen, lassen sich Pflichtteilsansprüche mit der Stiftung doch effektiv reduzieren.

Die Gestaltung dürfte auch im Vergleich zur Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt im Hinblick auf die Frist des § 2325 Absatz 3 BGB sicherer sein. Hierdurch erhält der Stifter die Möglichkeit, zumindest partiell weiter vom Vermögen zu profitieren.

Eine interessante Alternative in diesem Zusammenhang ist dabei der Verkauf von Vermögenswerten gegen eine lebenslange Leibrente, vor allem bei der Übertragung von Immobilienvermögen.

Die Familienstiftung kann nur dann die erste Wahl bei der Pflichtteilsreduzierung sein, wenn auch die übrigen Wirkungen der Stiftungsgründung ausdrücklich gewünscht sind bzw. das Stiftungskonstrukt auch die sonstigen Ziele der Nachfolgeregelung und natürlich steuerliche Aspekte hinreichend berücksichtigt.

In jedem Fall sollte auch ein Pflichtteilsverzicht in Erwägung gezogen werden. Ein solcher Verzichtsvertrag sorgt für optimalen Handlungsspielraum bei der Nachfolgeplanung – auch wenn er häufig nur gegen eine entsprechende Abfindung zu bekommen sein wird.

Einen ausführlichen Überblick über die praxisrelevanten Strategien zur Pflichtteilsreduzierung finden Sie auf unserer Themenseite:

Strategien zur Pflichtteilsreduzierung Im Überblick: Pflichtteilsverzicht, Pflichtteilsentziehung, Schenkungen, Güterstandsregelungen etc.

Video: So löst man das Problem Pflichtteil

Welche Möglichkeiten es gibt, nahe Angehörige nicht nur zu enterben, sondern auch ihren Pflichtteil auszuschalten oder zu mindern, erklärt Rechtsanwalt Bernfried Rose in diesem Video.

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