Vollmacht, Erbe, Erbengemeinschaft

Anordnung, Widerruf, Pflichten und Streit

Tritt ein Erbfall ein, spielen Vollmachten - Generalvollmachten, Bankvommachten, Vorsorgevollmachten etc. - oft eine wichtige Rolle. Sie helfen den Erben bei der Abwicklung der Erbschaft. Es gibt aber auch Konflikte zwischen Erben und Bevollmächtigten, die schon zu Lebzeiten des Erblassers tätig waren. Außerdem sind solche Konstellationen streitanfällig, wenn einer der Miterben einer Erbengemeinschaft eine Vollmacht hat. Im nachfolgenden Beitrag geben Ihnen unsere Fachanwälte für Erbrecht die wichtigsten Informationen rund um die Vollmacht im Erbfall.

Anwaltliche Leistungen rund um Erbe und Vollmacht

Als bundesweit tätige Fachanwaltskanzlei für Erbrecht beraten und vertreten wir Erben, Bevollmächtigte und Erblasser in allen Rechtsfragen rund um die Themen Erbschaft und Vollmacht.

  • Sicherung der Nachfolge durch Testamente, Vollmachten und Testamentsvollstreckungen
  • Durchsetzung bzw. Abwehr von Ansprüchen der Erben gegen Bevollmächtigte
  • Gutachterliche Stellungnahmen zu Einzelfragen aus dem Problemfeld Erbe & Vollmacht

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Vollmacht zu Lebzeiten, über den Tod hinaus oder für den Todesfall

Die rechtliche Würdigung und die damit zusammenhängenden Probleme von Bevollmächtigungen hängen insbesondere auch davon ab, für welchen Zeitraum eine Vollmacht erteilt wurde.

Vollmachten zu Lebzeiten des Erblassers

Gilt eine Vollmacht nur oder auch schon zu Lebzeiten des Erblassers, kommt es häufig zum Streit zwischen Bevollmächtigten und Erben darüber, ob die Vollmacht ordentlich ausgeübt oder missbraucht wurde, ob dem Bevollmächtigten eine Vergütung zustand und inwieweit er den Erben Rechenschaft schuldet.

Vollmachten des Erblassers für die Abwicklung des Nachlasses

Die Vollmacht ist grundsätzlich auch für die Zeit nach dem Erbfall nützlich, da sie die Abwicklung der Erbschaft erleichtern kann und gegebenenfalls sogar die Beantragung eines Erbscheins entbehrlich machen kann. Will der Erblasser, dass einer der Erben oder eine andere Person nach dem Tod als Bevollmächtigter die Handlungsfähigkeit im Hinblick auf den Nachlass sicherstellen, hat er zwei Möglichkeiten

  1. Vollmacht über den Tod hinaus (transmortale Vollmacht): Dies Vollmacht entfaltet ihre Wirkung bereits zu Lebzeiten des Erblassers und erlischt bei seinem Versterben nicht. Häufig werden „Vorsorgevollmachten“ als transmortale Vollmachten ausgestaltet.
  2. Vollmacht für den Todesfall (postmortale Vollmacht): Sie entfaltet ihre Wirkung erst, wenn der Vollmachtgeber verstirbt.

Alternativ kann der Erblasser auch einen Testamentsvollstreckereinsetzen. Die Vollstreckung muss er im Rahmen einer letztwilligen Verfügung (Testament oder Erbvertrag) anordnen. Die Testamentsvollstreckung wirkt regelmäßig stärker als eine Bevollmächtigung und ihre Zweckmäßigkeit sollte im Einzelfall genau geprüft werden. Ausführliche Informationen finden Sie hier: Testamentsvollstreckung

Form, Wirkung und Möglichkeiten der Vollmacht

Vollmachten bedürfen grundsätzlich keiner Form, sollten aber aus Gründen der Rechtssicherheit natürlich stets zumindest schriftlich erstellt werden. Bei Immobilien in der Erbschaftist zudem die notarielle Beglaubigung der Vollmacht geboten, um den Anforderungen der Grundbuchordnung gerecht zu werden. Das gleiche gilt bei Unternehmen im Nachlass im Hinblick auf das Handelsregister.

Mit der Vollmacht wird der Bevollmächtigte ermächtigt, Rechtsgeschäfte mit Wirkung für den Nachlass vorzunehmen. Hierzu benötigt er keinen Erbschein und die Vollmacht gilt insbesondere schon dann, wenn noch gar nicht geklärt ist, wer Erbe ist. Auch aus Kostengründen ist die Erteilung einer Vollmacht stets eine gute Option, damit der Erbe keinen Erbschein beantragen muss.

Die trans- bzw. postmortale Vollmacht wirkt unmittelbar für oder gegen die Erben des Vollmachtgebers, da diese mit dem Erbfall seine Rechtsnachfolger werden.

Sowohl Generalvollmachten, die alle möglichen Rechtsgeschäfte abdecken, als auch Spezialvollmachten für bestimmte Bereiche oder Handlungen sind möglich.

Minderjährige Erben kann der Bevollmächtigte vertreten, ohne die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters oder des Familiengerichts einzuholen.

Vollmacht für einen Miterben in der Erbengemeinschaft

Erbengemeinschaften sind aufgrund ihrer Komplexität und Intransparenz in Ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt. Verwaltungsmaßnahmen hinsichtlich des Nachlasses bedürfen einer Mehrheit der Erbteile und Verfügungen über Nachlassgegenstände sind regelmäßig nur mit Zustimmung aller Miterben möglich. Daher ist es aus praktischer Sicht vorteilhaft, wenn die Erben einen Miterben oder eine dritte Person hinsichtlich des Nachlasses bevollmächtigen. Der Bevollmächtigte kann dann im Außenverhältnis die Erbengemeinschaft vertreten.

Die Vollmacht der Erbengemeinschaft sollte als Anlage eine Kopie des gemeinschaftlichen Erbscheins der Erbengemeinschaft enthalten, aus dem alle Miterben und ihre Erbquoten hervorgehen. Darüber hinaus sollten alle Beteiligten mit Kontaktdaten sowie genaue Angaben zum konkreten Umfang der Vollmacht enthalten sein.

Ansprüche der Erben gegen den Bevollmächtigten

Die Erben treten mit Eintritt des Erbfalls rechtlich die Position des Erblassers – also des Vollmachtgebers – eintreten. Daher haben sie gegenüber dem Bevollmächtigten die gleichen Rechte und Pflichten, wie sie der Erblasser hätte.

Diese Ansprüche richten sich danach, ob der Vollmacht

  • eine Geschäftsbesorgung,
  • ein Auftrag oder
  • ein Gefälligkeitsverhältnis

zugrunde liegt. In den meisten Fällen wird der Vollmachtgeber keine Bezahlung schulden, wodurch eine Geschäftsbesorgung ausfällt. Auftrag und Gefälligkeit unterscheiden sich ganz erheblich hinsichtlich der Rechte und Pflichten der Beteiligten:

  1. Auftrag: Eine Beauftragung ist anzunehmen, wenn bei der Vereinbarung ein Rechtsbindungswille der Beteiligten vorliegt. Hieraus ergeben sich eine ganze Reihe von Pflichten: Der Bevollmächtigte muss Weisungen befolgen, Auskunft erteilen, Rechenschaft legen und Erlangtes herausgeben. Außerdem haftet er für Schäden.
  2. Gefälligkeit: Bei Gefälligkeitsverhältnissen, die auf familiärer bzw. freundschaftlicher Verbundenheit beruhen fehlt ein Rechtsbindungswille, so dass die beim Auftrag genannten Pflichten im Wesentlichen entfallen.

Bei der Abgrenzung zwischen Auftrag und Gefälligkeit kommt es nach dem Bundesgerichtshof darauf an, „wie sich dem objektiven Betrachter – nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls mit Rücksicht auf die Verkehrssitte – das Handeln des Leistenden darstellt. Eine vertragliche Bindung wird insbesondere dann zu bejahen sein, wenn erkennbar ist, dass für den Leistungsempfänger wesentliche Interessen wirtschaftlicher Art auf dem Spiel stehen und er sich auf die Leistungszusage verlässt oder wenn der Leistende an der Angelegenheit ein eigenes rechtliches oder wirtschaftliches Interesse hat“.

Rechnungslegungspflicht

Streit zwischen dem Bevollmächtigten und den Erben entsteht häufig hinsichtlich der Rechnungslegungspflicht. Bestand rechtlich zwischen Erblasser und Vollmachtnehmer ein Auftragsverhältnis, gab es auch Rechnungslegungspflicht. Der Bevollmächtigte schuldet im Auftragsverhältnis Auskunft und Rechenschaft. Die Auskunftsansprüche gehen mit dem Versterben des Vollmachtgebers auf dessen Erben über. Das gilt auch, wenn der Bevollmächtigte selbst einer der Erben ist.

Rechnnungslegungspflicht des bevollmächtigten Angehörigen

"Der Grundsatz, wonach Ehegatten regelmäßig kein Auftragsverhältnis untereinander begründen, gilt ... nicht pauschal für andere Angehörigenbeziehungen. Daraus folgt für das Verhältnis der Mutter zu dem von ihr bevollmächtigten Sohn indes auch nicht umgekehrt bereits automatisch ein Auftragsverhältnis (nebst Rechnungslegungspflicht). Entscheidend sind vielmehr alle Umstände des Einzelfalles." (OLG Braunschweig, Urteil vom 28.04.2021 - 9 U 24/20)

Widerruf der Vollmacht durch Erben

Eine Vollmacht erlischt in der Regel, wenn das ihr zugrundeliegende Rechtsverhältnis (z.B. der Auftrag) wegfällt oder wenn sie widerrufen wird. Vollmachten die nach dem Todes-/Erbfall wirken, können nicht mehr vom Vollmachtgeber, sondern allenfalls von dessen Erben widerrufen werden.

  • Normalfall - widerrufliche Vollmacht: Vollmachten sind im Zweifel widerruflich. Das gilt insbesondere bei Auftragsverhältnissen. Die Erben können die Vollmacht entweder gegenüber dem Bevollmächtigten oder gegenüber dem Dritten, demgegenüber die Vertretung erfolgt, erklären.
  • Ausnahme - unwiderrufliche Vollmacht: Der Erblasser ist grundsätzlich berechtigt, eine Vollmacht auch unwiderruflich zu erteilen. Den Erben bleibt aber stets die Möglichkeit des Widerrufs aus wichtigem Grund. Der Ausschluss der Unwiderruflichkeit kann sich aus dem Auftragsverhältnis ergeben. Fehlt ein solches grundlegendes Rechtsgeschäft (isolierte Vollmacht) scheidet eine Unwiderruflichkeit aus. Auch Generalvollmachten sind immer widerruflich.

Ist die Vollmacht widerruflich, kann sie von den Erben des Vollmachtgebers nach dessen Tod widerrufen werden.

Gibt es eine Vollmachtsurkunde, muss der Bevollmächtigte sie nach erfolgtem Widerruf zurückgeben. Das ist in der Praxis wichtig, da die Urkunde einen Rechtsschein erzeugt, der auch nach dem Widerruf noch gilt.

Widerruf in der Erbengemeinschaft und gegen bevollmächtigte Miterben

Besonderheiten ergeben sich, wenn es keinen Alleinerben, sondern eine Erbengemeinschaft gibt. Hier kann es vorkommen, dass einige Miterben die Vollmacht widerrufen, andere aber nicht. Dann kann der Bevollmächtigte weiter diejenigen vertreten, die den Widerruf der Vollmacht nicht erklärt haben. Handlungen mit Wirkung für den Nachlass kann der Bevollmächtigte dann aber grundsätzlich nur noch gemeinsam mit den widerrufenden Miterben vornehmen. Wann er allein handeln kann, richtet sich nach Regelungen zur Verwaltung des Nachlasses durch die Erbengemeinschaft.

Ist der Bevollmächtigte selbst einer der Miterben und haben alle anderen die Vollmacht widerrufen, ist er verpflichtet die Vollmachtsurkunde zurückzugeben. Solange aber noch mindestens ein weiterer Miterbe die Vollmacht nicht widerrufen hat, kann der Bevollmächtigte die Urkunde behalten. In diesem Fall muss er aber einen entsprechenden Vermerk auf der Urkunde eintragen, so dass der Rechtsschein in Hinblick auf die widerrufenden Miterben beseitigt wird.

Vollmacht & Testamentsvollstreckung

Wurde im Testament ein Testamentsvollstrecker eingesetzt, kann zusätzlich die Erteilung einer Vollmacht an den Vollstrecker erwogen werden. Damit können Lücken in der Vertretungsmacht für den Zeitraum zwischen Erbfall und Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses geschlossen werden.

Außerdem kann sich die Frage stellen, ob der Testamentsvolltrecker eine andere Person bevollmächtigen kann. Je nach Art des Nachlasses sowie Umfang der Tätigkeiten ist es unter Umständen schwierig oder unzweckmäßig, dass der Vollstrecker stets persönlich handelt. Inwieweit er dann einen Bevollmächtigten einsetzen kann, wird von den Juristen unterschiedlich beurteilt. Einigkeit besteht jedoch insoweit, dass er sein Amt nicht im Ganzen per Vollmacht auf einen anderen übertragen kann. Andererseits sind zumindest Spezialvollmachten in den Fällen unproblematisch, wenn der Erblasser diese Möglichkeit bei der Anordnung der Testamentsvollstreckung ausdrücklich angeordnet hat. Auch der Erbe kann dann bevollmächtigt werden. Alle übrigen Konstellationen sind ziemlich umstritten.

Vollmacht neben Testamentsvollstreckung?

Gelegentlich kommt es vor, dass der Erblasser eine Person zum Testamentsvollstrecker bestimmt und einer anderen Person eine postmortale Vollmacht erteilt. Der Bundesgerichtshof hält diese Konstellation für zulässig. Das Verhältnis der Vollmacht zur Testamentsvollstreckung, so der BGH, müsse aber am konkreten Einzelfall bestimmt werden (BGH, Beschluss vom 14. September 2022, IV ZB 34/21).

FAQ Vollmacht, Erbe, Erbengemeinschaft

Schnelle Antworten auf häufige Fragen

Kann eine Vollmacht einen Erbschein ersetzen?

Anders als ein Erbschein, weist eine Vollmacht den Bevollmächtigten nicht als Erbe aus. Eine für den Todesfall oder über den Tod hinaus vom Erblasser ausgestellte Vollmacht kann aber gegebenenfalls die Beantragung eines Erbscheins entbehrlich machen, wenn sie dem Bevollmächtigten (der häufig selbst Erbe ist), ausreichend Handlungsmöglichkeiten für die Abwicklung des Erbes verschafft.

Ist es sinnvoll, dem Erben eine Vollmacht auszustellen?

Die Bevollmächtigung des Erben für den Todesfall ist häufig sinnvoll. Es verschafft dem Erben unmittelbar die Befugnis, sich zum Beispiel um die Bestattung zu kümmern und über Nachlasswerte zu verfügen. Gegebenenfalls erspart sich der Erbe auch die Kosten für die Beantragung eines Erbscheins, wenn er Vollmachtnehmer ist.

Soll eine Vorsorgevollmacht auch nach dem Tod noch wirksam sein?

In vielen Fällen empfiehlt es sich, dass eine Vorsorgevollmacht nicht mit dem Tod erlischt, sondern darüber hinaus wirksam ist. So kann sich der Bevollmächtigte unter anderem auch um die Beerdigung kümmern. Ist der Bevollmächtigte auch Erbe, hilft ihm die transmortale Vollmacht auch bei der Abwicklung der Erbschaft.

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